Chronisch-venöse Insuffizienz
Im Überblick
- Bei einer Chronisch-venösen Insuffizienz sind die Venen „ausgeleiert“. Das Blut versackt regelrecht in den unteren Beinen
- Schwellungen und schwere Beine sind erste Symptome einer Venenschwäche
- Gefürchtete Folge der Chronisch-venösen Insuffizienz sind Chronische Wunden in Form eines Ulcus Cruris, auch unter dem Begriff „Offenes Bein“ bekannt
- Bei der Therapie der Chronisch venösen Insuffizienz wird zwischen konservativen Maßnahmen (u.a. Kompressionstherapie, Bewegung) und operativen Maßnahmen unterschieden
- Eine möglicherweise bestehende Chronische Wunde sollte zusätzlich mit den Mitteln einer modernen phasengerechten Wundversorgung therapiert werden
Was ist eine chronisch venöse Insuffizienz (CVI)?
Bei einer chronisch-venösen Insuffizienz ist der Blutfluss im Körper eingeschränkt. In einem gesunden Körper befördern die Venen das Blut von den Gliedmaßen und Organen wieder reibungslos zurück zu Herz und Lunge. Dies geschieht mittels der sogenannten Muskelpumpe, wobei durch die Muskelkontraktion das Blut zum Herzen gepumpt wird. Die Venenklappen sorgen zwischen den Kontraktionsphasen dafür, dass das Blut nicht wieder Herz abwärts fließt. Sind die Venen jedoch geweitet und die Funktion der Venenklappen gestört, kann das Blut in den Beinen nicht reibungsfrei zurück Richtung Herz transportiert werden.
Info
Unterschied zwischen Arterien und Venen
Arterien: Bei Arterien handelt es sich um Blutgefäße, die das Blut vom Herz kommend in den Körper führen. Das von fast allen Arterien geführte Blut ist sauerstoffreich und transportiert Nährstoffe.
Venen: Bei Venen handelt es sich um Blutgefäße, die das Blut zurück zum Herz transportieren. Das von den Venen geführte Blut ist sauerstoff- und nährstoffarm. Denn die vom Blut transportierten Nährstoffe und der Sauerstoff wurden auf dem Weg durch den Körper an Extremitäten und Organe abgegeben.
Patienten, deren Haut schlecht durchblutet ist, müssen bei Verletzungen und Infektionen besonders aufpassen. Denn schon kleinste Hautabschürfungen, Schnitte oder auch ein Insektenstich können zu großflächigen chronischen Wunden an den Beinen führen. Besonders häufig beginnt ein Ulcus cruris venosum an den Innenseiten der Knöchel und an den Vorderseiten der Unterschenkel.
Welche Symptome zeigen sich bei einer CVI?
Wer über „müde“ und schwere Beine oder Schwellungen an den Beinen klagt, zeigt die ersten Anzeichen einer Venenschwäche bzw. einer chronisch-venösen Insuffizienz. Auch Krampfadern und Besenreißer (winzige, auf der Hautoberfläche sichtbare Venen) weisen auf eine Durchblutungsstörung hin.
Wird gegen die Venenschwäche nichts getan, verhärtet sich mit der Zeit die Haut sowie das Unterfettgewebe und an den Knöcheln erscheinen braune Flecken. Das ist ein weiteres Signal, dass die Erkrankung fortgeschritten ist. Am inneren Fußrand sowie am inneren Knöchel bilden sich Gefäßzeichnungen, die an Spinnweben erinnern. Wenn schließlich alle Hautzellen im Knöchelbereich abgestorben sind, reichen schon kleinste Verletzungen aus, damit eine Wunde nicht mehr heilen kann. Ein Ulcus cruris venosum ist entstanden.
Er beginnt meist am Knöchel und vergrößert sich zum Unterschenkel hin. Häufig nimmt die Wunde dann eine sogenannte „Galoschenform“ an, das heißt sie windet sich wie eine Galosche um das Bein herum.
Die weiteren Symptome eines offenen Beines bei einer CVI und einem aus ihr resultierendem Ulcus cruris venosum sind:
- trockene, schuppige und warme Haut
- Knöchel- und Unterschenkelödeme
- leichte bis stärkere Schmerzen (Einschränkung der Beweglichkeit wegen gestauter Beine)
- Wundmerkmale: feucht, nässend, schmierige, fibrinöse Beläge und entzündliche Ablagerungen
Welche Risikofaktoren begünstigen eine CVI?
In der Regel dauert es viele Jahre, bis man - über „schwache“ Venen hinweg - an einer chronisch-venösen Insuffizienz leidet. Die Auslöser sind vielfältig:
- Lebensalter
- unbehandelte Krampfadern
- Thrombosen (Blutpropfen in den tiefen Bein- und Beckenvenen),
- hormonelle Störungen
- Übergewicht
- Rauchen
- eine überwiegend stehende oder sitzende Tätigkeit mit wenig Bewegung
- eine falsche Ernährung
- genetische Vorbelastung
Wie wird eine chronisch venöse Insuffizienz diagnostiziert?
Wichtige Diagnosewerkzeuge zur Identifikation einer chronisch-venösen Insuffizienz (CUI) sind:
- Anamnese (Befragung des Patienten durch den Arzt, Krankengeschichte), auszugsweise:
- Allgemeiner Gesundheitszustand und Lebensumstände (Alter, Gewicht, Ernährung, Bewegung, etc.)
- Gibt es eine familiäre Vorbelastung?
- Existieren Gefäßvor- oder Begleiterkrankungen wie bspw. Bluthochdruck oder Diabetes Mellitus?
- Sind Allergien vorhanden?
- Gibt es andere Einschränkungen der Therapie wie bspw. Bewegungseinschränkungen oder Schmerzen
- Knöchel-Arm-Druck-Index (KADI) mit Hilfe einer Blutdruckmanschette und einer Dopplersonde – um den arteriellen Durchblutungsstatus festzustellen
- Doppler-/Farbduplexsonographie – Ultraschall der Blutgefäße, um Struktur der Gefäße und den Blutfluss feststellen zu können
- Phlebografie – Röntgenuntersuchung der Venen unter Verwendung eines Kontrastmittels, um Blutgerinnsel und Venenverengungen zu finden
- Lichtreflexionsrheographie – um Funktion der Venen zu untersuchen (Durchstrahlung der Haut mit Infrarotlicht)
- Blutuntersuchung – Entzündungswerte prüfen oder um zum Beispiel erhöhten Blutzuckerspiegel zu finden (Diabetes mellitus)
- Histologische Untersuchung – Gewebeprobe (Biopsie) um abzuklären, ob eventuell ein Hautkrebs Ursache des Geschwürs ist
Wichtiger Hinweis
Es lohnt sich, frühzeitig einen Arzt aufzusuchen, möglicherweise gleich einen Venenspezialisten (Phlebologen). Einen Phebologen in Ihrer Nähe finden Sie auf den Seiten der Deutschen Gesellschaft für Phlebologie: https://www.phlebology.de/patienten/arztsuche/.
Wie sieht die Therapie aus?
Unter der Therapie eines Ulcus cruris wird auch die komplette Wundversorgung verstanden. Die optimale Wundversorgung baut auf folgenden Pfeilern auf:
- Kausaltherapie: Die Ursache der Wundheilungsstörung muss gefunden und behoben werden, um die Heilung der Wunde grundsätzlich zu ermöglichen.
- Lokaltherapie mit phasengerechter Wundversorgung und systemischer Therapie: Berücksichtigt werden dabei alle individuellen Faktoren des Patienten, die eine Heilung stören bzw. fördern können. Hierzu zählen vor allem Arzneimittel, Alter, Schmerzempfinden, psychische Verfassung und Mobilität. Die phasengerechte Wundversorgung richtet sich bei Wundreinigung (Debridement), Wundfüllung, Wundauflage und Fixierung nach der jeweiligen Wundheilungsphase.
Um in der Kausaltherapie die chronisch-venöse Insuffizienz als Ursache des Ulcus cruris venosum zu beheben, wird zwischen operativen Eingriffen und einer konservativen Therapie unterschieden.
Unter den operativen Methoden werden unter anderem folgende Eingriffe zusammengefasst:
- Entfernung oder Verödung von oberflächlichen Venen und Krampfadern (Sklerosierung)
- Operatives herausziehen der Krampfadern (Varizenstripping)
- Venenklappenrekonstruktion oder -transplantation
- Shaveabtragung – das Ulkus wird mit dem Skalpell tangential zum Unterschenkel bis auf die Unterschenkelfaszie schichtweise abgetragen
- Ulkusexzision – vollständiges Ausschneiden des Ulkus und nachfolgender Hauttransplantation
In Summe sollten die operativen Behandlungsmethoden jedoch nur angewendet werden, wenn eine konservative Behandlung nicht hilft. Zudem ist gerade bei älteren Patienten das Risiko für die beschriebenen operativen Eingriffe oftmals zu hoch, sodass ohnehin nur die konservative Therapie angewendet werden kann.
Die konservative Therapie eines venösen Beingeschwürs umfasst:
- Kompressionstherapie mit Bandagen bzw. mit medizinischen Kompressionsstrümpfen
- Eventuell intermittierende pneumatische Kompression (Manschetten werden aufgeblasen, Luft wird wieder abgelassen)
- Gehtraining, Bewegungsübungen und Sport – um die Muskelpumpe zu aktivieren
- Reduktion von Übergewicht, eine ausgewogene Ernährung und ausreichende Flüssigkeitszufuhr
- Eine angepasste Hautpflege
- manuelle Lymphdrainagen
Mittels einer optimalen Wundversorgung werden in der Lokaltherapie die Grundlagen dafür geschaffen, dass die chronische Wunde abheilen kann. Zu der lokalen Behandlung der Wunde gehören insbesondere:
Info
Die wichtigsten lokalen Behandlungs-Maßnahmen
- Eine umfangreiche Wundreinigung (Débridement), um abgestorbenes Gewebe (Nekrosen), Fibrinbeläge und andere Zelltrümmer aus der Wunde zu entfernen.
- Bekämpfung von möglichen Infektionen durch Antiseptika bzw. Antibiotika, falls nötig.
- Verwendung von Wundauflagen, die eine feuchte Wundversorgung ermöglichen sowie die Wundheilungsphase und anfallende Exsudatmenge berücksichtigen.
- Wundbeobachtung und –dokumentation.